Diverses | Kräuter & Pflanzen

Was ist ein Kul­tur­fol­ger?

Von anhänglichen Pflanzen und Tieren

Sarah Christiansen
8 Jan., 2025
Wir Menschen sind bekannt für unsere Wanderlust und im Laufe unserer Geschichte häufig herumgezogen. Oftmals waren wir auf der Suche nach neuen Ressourcen und wohnlichen Orten, an denen wir uns niederlassen konnten, manchmal trieb uns die reine Neugierde. Häufig hatten wir dabei kleine Passagiere im Gepäck oder luden sie mit unserem Lebensstil ein, sich in unserer Nähe niederzulassen.
Diese Pflanzen und Tiere, die Menschen in ihre Siedlungen bzw. Kulturlandschaft folgen, nennt man Kulturfolger oder Hemerophile. Den zweiten Begriff finde ich besonders schön, denn er leitet sich von den griechischen Begriffen „hemeros“ (kultiviert) und „philos“ (Freund) ab. Diese „kultivierten Freunde“ finden in der vom Menschen veränderten Umwelt geeignete Lebensbedingungen vor. Je nach Art leben sie im Forst, auf Äckern und Wiesen, an Verkehrswegen sowie in Siedlungen und Gebäuden.

Was ist eine Kulturlandschaft?

Eine Kulturlandschaft ist eine vom Menschen umgestaltete Naturlandschaft. Bereits seit Jahrtausenden verändert der Mensch die Landschaft und passt sie seinen Bedürfnissen an. Insbesondere Land- und Forstwirtschaft haben die ursprüngliche Ve­ge­ta­ti­on verändert. In Europa gibt es heute so gut wie keine vom Men­schen un­be­rühr­te Natur mehr. So entstand beispielsweise aus Wäldern Acker­flä­che, Moore wurden tro­ckenge­legt und Straßen gebaut. Diese Veränderungen der Landschaft hatten Folgen für Tiere und Pflan­zen, die dort lebten, und sorgten dafür, dass viele Arten verschwunden sind, weil ihr Lebensraum verloren ging. Kulturfolger konnten hingegen die neu geschaffenen Le­bens­räume für sich nutzen.

Typische Kulturfolger aus der Tierwelt

Ein besonders bekannter Kulturfolger ist der Fuchs. Er schätzt die von Menschen geschaffenen und bewirtschafteten Flächen, auf denen er leicht Beute finden kann, sogar in der Stadt ist er mittlerweile zuhause. Weitere Tierarten, die in unseren Gärten, auf landwirtschaftlichen Flächen und sogar in Häusern vorkommen, sind beispielsweise Marder, Igel, Hausratten, Hausmäuse, Eichhörnchen, Waschbären, Feldhasen und Wildschweine. Aber auch viele Vögel, wie Mauersegler, Kohlmeisen, Stadttauben oder Weißstörche, gelten als Kulturfolger. Eine besonders erstaunliche Wandlung hat dabei die  Amsel vollzogen: War sie früher ein scheuer Waldvogel, so lebt sie mittlerweile seit etwa 200 Jahren in Siedlungen. (Vgl. zum Thema Gartenvögel auch die beiden Artikel Das richtige Futter für Garten­vögel und Was muss man beim Füt­tern von Garten­vögeln beach­ten?)

Bedrohte Kulturfolger

Feldhamster und Rebhuhn profitierten ursprünglich von der Aus­wei­tung der Land­wirt­schafts­flä­chen, heute gilt das Rebhuhn als stark gefährdet und der Feldhamster ist sogar vom Aussterben bedroht. Das liegt an der fortschreiten­den Industrialisierung der Landwirtschaft, die He­cken und Bü­sche, und damit die Rück­zugs­möglichkeiten und Schutzräume für das Rebhuhn, entfernt. Auch der kleine Feldhamster leidet unter der modernen Landwirtschaft: Die großen Ern­te­ma­schi­nen sind mittlerweile so ef­fi­zi­ent, dass sie kaum ein Weizenkorn für den Nager zurücklassen. Außerdem ist die Geschwindigkeit der Maschinen so hoch, dass er sich oft nicht mehr rechtzeitig in Sicherheit bringen kann und umkommt.

Typische Kulturfolger aus der Pflanzenwelt

Auch einige Pflanzen reisen gern als blinde Passagiere mit, wenn wir auf Wanderschaft gehen. Meist sind es Pflanzen, die ursprünglich in südlicheren Gebieten zuhause waren. So stammen Gänseblümchen und Kornblume eigentlich aus dem Mittelmeerraum, letztere wurde vermutlich zusammen mit Saatgut nach Mitteleuropa gebracht und hat es sich dort in und an Kornfeldern gemütlich gemacht. Weitere bekannte Kulturfolger sind die Purpurrote Taubnessel, Klatschmohn, Ackersenf und Kamille. Dem Breitwegerich hat seine Anhänglichkeit sogar einen besonderen Spitznamen eingebracht: Die Ureinwohner Nordamerikas nannten ihn „Fußstapfen des Weißen Mannes”, da er mit den Siedlern einwanderte und ihnen anschließend überallhin folgte.

Schon gewusst?

Neben Kulturfolgern gibt es auch Kulturflüchter. Sie meiden die Menschen und werden aufgrund der zunehmenden Besiedelung aus ihrem ursprünglichen Lebensraum verdrängt. Typische Kulturflüchter sind etwa der Schwarzstorch, das Haselhuhn, das Auerhuhn oder die Schmetterlingsart Augsburger Bär (die beiden letzten Arten sind vom Aussterben bedroht).

Blühende Kamille

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