Kräuter & Pflanzen

Breit­wege­rich

Plantago major

Sarah Christiansen
21 Okt., 2025
Breitwegerich – auch Breit-Wegerich geschrieben – hat vermutlich jeder schon einmal gesehen. Die wenigsten haben sich aber vermutlich näher mit der unauffälligen Pflanze beschäftigt. Dabei ist sie nicht nur für Raupen und Wildbienen eine unverzichtbare Nahrungsquelle, sondern auch ein Freund der Wanderer. Besonders interessant ist die Ausbreitungsstrategie des Breitwegerichs, die ihm einen außergewöhnlichen Spitznamen eingebracht hat.

Die drei Brüder

Der Breitwegerich gehört zu einer großen Familie von ca. 190 Wegerich-Arten. Hierzulande kennt man besonders die drei Brüder Breitwegerich, Spitzwegerich und Mittlerer Wegerich. Alle drei ähneln sich in ihrem Wesen, lassen sich aber anhand ihres Aussehens gut unterscheiden: Während der Breitwegerich breite und eiförmige Blätter hat, sind die Blätter des Spitzwegerichs lang und schmal. Der Mittlere Wegerich ist seltener zu finden, seine Blätter sind ebenfalls eiförmig, aber etwas schmaler als die des Breitwegerichs, zudem hat er auffällige violette Staubfäden. Die Brüder sind übrigens von königlichem Geblüt: Denn „Wegerich“ leitet sich vermutlich von den althochdeutschen Begriffen „wega“ (Weg) und „rih“ (König) ab. Deshalb bezeichnet man die drei auch als „König des Weges“.

Wie sieht Breitwegerich aus und wo ist er zu finden?

Der Breitwegerich wächst am liebsten auf und an Wegen. Aber auch auf Weiden, Wiesen und in Gärten ist er zu finden. Er mag mäßig feuchte, nährstoffreiche Böden und Sonne. Es stört ihn auch nicht, wenn die Wege, auf denen er wächst, viel benutzt werden – er ist sogar ein Anzeiger für häufig begangene Stellen. Dabei ist der Breitwegerich nicht nur trittfest, sondern auch sehr widerstandsfähig und kommt auch mit häufigem Mähen sowie Tieren, die ihn anknabbern, gut klar. Er kann bis zu 30 cm hoch werden. Seine Blätter sind breit, oval und wachsen in einer Rosette. Besonders auffällig sind die gut zu erkennenden Blattadern, davon gibt es jeweils fünf bis neun pro Blatt und sie verlaufen parallel – ähnlich wie bei Gräsern. Der Breitwegerich blüht von Juni bis Oktober und ist damit ein Spätblüher (vgl. Was sind Spätblüher?). Er zeigt dabei zahlreiche kleine Blüten, die einen ährenförmigen Blütenstand bilden. Die gelb-braunen Blüten sind eher unauffällig. Ab August bilden sich die braunen Samen. Die Pflanze ist ein Tiefwurzler mit Wurzeln, die bis zu 80 cm in die Erde reichen können.

Blühender Breitwegerich

Breitwegerich in der Küche

Breitwegerich kann man wunderbar auf den Speiseplan setzen: Die jungen Blätter eignen sich beispielsweise gut für Salat, in einem Kräuterquark oder Kräutersalz. Auch als Spinat, Pesto, in einer Suppe oder einem Eintopf lassen sie sich gut verwenden. Die älteren Blätter sind etwas zäher, aber man kann sie trotzdem u. a. fermentieren und als Sauerkraut nutzen. Außerdem kann man die Blätter trocknen und mit anderen Kräutern zu einem selbstgemischten Kräutertee zusammenstellen. Die Samen des Breitwegerichs sind ebenfalls essbar, sie können gemahlen und als Mehlersatz genutzt werden. Getrocknet eignen sie sich zudem als Zutat für Müsli oder im Salat. Die Wurzel kann man derweil im Herbst ernten und mit anderem Wurzelgemüse kochen.

 Breitwegerich als Heilpflanze

Aus meiner Kindheit kenne ich den Breitwegerich vor allem als Schuheinlage: Man legt einfach ein Blatt in den Schuh und vermeidet so Blasen bei Wanderungen. Auch gegen Insektenstiche und bei Wunden soll die Pflanze helfen. Außerdem wird Breitwegerich bei Husten und Durchfall eingesetzt.

Eine Pflanze erobert die Welt

Breitwegerich stammt ursprünglich aus Europa, hat sich mittlerweile aber weltweit verbreitet. Das liegt an der besonderen Ausbreitungsstrategie der Pflanze:

Bei den Ureinwohnern Nordamerikas wurde die Pflanze „Fußstapfen des Weißen Mannes“ genannt, da sie mit den Siedlern einwanderte und stets in ihrer Nähe blieb.

“Our people have a name for this round-leafed plant: White Man’s Footstep. Just a low circle of leaves, pressed close to the ground with no stem to speak of, it arrived with the first settlers and followed them everywhere they went. It trotted along paths through the woods, along wagon roads and railroads, like a faithful dog so as to be near them.” 

Unser Volk hat einen Namen für diese Pflanze mit den runden Blättern: Fußstapfen des Weißen Mannes. Nur ein niedriger Kreis von Blättern, eng an den Boden gepresst, ohne einen wirklichen Stängel. Sie kam mit den ersten Siedlern und folgte ihnen überall hin. Sie trottete an Pfaden entlang durch den Wald, über Transportwege und Schienen, wie ein treuer Hund, der immer in ihrer Nähe sein wollte.
Robin Wall Kimmerer (Braiding Sweetgrass)

Dieses kleine Zitat beschreibt gut, wie der Breitwegerich vorgeht: Die klebrigen Samen heften sich an Tierpfoten, Wagenräder – oder auch Schuhsohlen –, und werden so verbreitet. Das ist auch ein wichtiger Grund dafür, dass die Pflanze gern an viel genutzten Wegen wächst: Wie eine kleine Anhalterin wartet sie auf eine Mitfahrgelegenheit, um zu einem neuen spannenden Ort zu gelangen. Und dieser Ort kann dann gern auch mal ein neuer Kontinent sein (vgl. zu diesem Thema auch den Artikel Was ist ein Kulturfolger?).

Breitwegerich-Pflanzen
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