Diverses

H. P. Love­craft

Der Wahnsinn hat Methode

Sarah Christiansen
22 Jan, 2024

Vor vielen Jahren war ich in einem Antiquariat auf der Jagd nach neuem Lesestoff und hielt plötzlich ein etwas älteres, zerlesenes Buch mit Kurzgeschichten von H. P. Lovecraft in der Hand. Den Namen des Autors kannte ich bereits von dem Pen-&-Paper-Rollenspiel „Call of Cthulhu“ und beschloss, dass es Zeit sei, auch mal etwas vom Schöpfer des Cthulhu-Mythos zu lesen.
Der Stil war recht altertümlich, aber trotzdem fand ich die Geschichten extrem faszinierend. Insbesondere „Die Katzen von Ulthar“ kann ich jedem Katzenfreund ans Herz legen. Allerdings war der Großteil der Erzählungen auch ziemlich verstörend. Beim Lesen habe ich die ganze Zeit über gedacht: „Wie kann man sich sowas nur ausdenken?“ – Trotzdem habe ich sie alle verschlungen. Obwohl man Lovecraft idealerweise nur dann liest, wenn man nicht gerade krank, müde oder angeschlagen ist bzw. generell nicht gut mit Horror umgehen kann. Einen besonderen Stellenwert nimmt dabei der Wahnsinn in Lovecrafts Universum ein. Den Grund dafür kann ein kleiner Blick in seine Biographie verraten.

Einmal Providence und zurück

Howard Phillips Lovecraft wurde am 20. August 1890 in Providence in Rhode Island geboren. Sein Vater war Handelsreisender (das ist eine positive Bezeichnung für einen Vertreter). Als der kleine Howard gerade einmal drei Jahre alt war, trat der Wahnsinn das erste Mal in sein Leben: Sein Vater hatte einen Nervenzusammenbruch, wurde in die Psychiatrie eingewiesen und starb dort fünf Jahre später – vermutlich an Syphilis. 

Lovecraft wuchs bei seiner Mutter auf und begeisterte sich schon früh fürs Lesen und Schreiben. Kurz vor seinem Schulabschluss hatte er allerdings selbst einen Nervenzusammenbruch und konnte deshalb nie seinen Abschluss machen.

Auch seine Mutter wurde 1919 schließlich wegen psychischer Probleme in dieselbe Psychiatrie wie sein Vater eingewiesen und starb dort zwei Jahre später.

Ohne Abschluss hatte er keine Möglichkeit zu studieren. Ein Umstand, für den er sich Zeit seines Lebens schämte. Er wurde dennoch Mitglied einer Autorenvereinigung und widmete sich dem Schreiben. Lovecraft war außerdem ein fleißiger Briefeschreiber und führte einen regen Briefwechsel mit zahlreichen Freunden und Bekannten. Beispielsweise war Robert E. Howard, Autor des berühmten Buches „Conan der Barbar“, einer seiner Brieffreunde. Insgesamt soll Lovecraft etwa 87.500 Briefe verfasst haben.

Schließlich lernte er Sonia Greene kennen und lieben, eine für ihre Zeit sehr unabhängige Frau, die als Hutmacherin ihr eigenes Geld verdiente. Sie heirateten und zogen gemeinsam nach New York. Die Ehe war allerdings nicht glücklich. Deshalb trennten sich die beiden und Lovecraft zog zurück nach Providence. Dort schrieb er einen Großteil seiner bekannten Erzählungen. Seine Erfolge waren zu diesem Zeitpunkt eher bescheiden und er starb verarmt im Jahr 1937.

Später Ruhm

Heute werden mit dem Namen H. P. Lovecraft und dem Cthulhu-Mythos Millionen umgesetzt. Leider hat Lovecraft selber, wie so viele Künstler, die erst nach ihrem Tod zu Ruhm und Ehren gelangten, herzlich wenig davon. Auch hat er keine direkten Nachfahren, die heute davon profitieren würden.

Er wird von vielen als einer der Urväter, wenn nicht der Begründer des Horrors schlechthin verehrt und hat viele nachfolgende Autoren stark beeinflusst – u. a. Stephen King und Neil Gaiman sehen in Lovecraft ein wichtiges Vorbild. Das hätte ihm sicher gefallen, da er zu seinen Lebzeiten kaum Anerkennung erfuhr. Und wer weiß, vielleicht sitzt er ja irgendwo auf dem Rücken eines großen Tentakelmonsters, blickt auf uns herunter und freut sich.

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